Silke Möllering und Michael Schintze haben ihr im Jahr 2008 erworbenes Haus aus dem Jahr 1938 in ein Passivhaus umgebaut. Die energetische Sanierung ihrer Doppelhaushälfte in Augsburg bewerten sie zwei Jahre nach dem Einzug sehr positiv.
Frage: Wie lange ist die Umbaumaßnahme jetzt her?
Michael Schintze: Die wesentlichen Rohbaumaßnahmen waren im September 2009 abgeschlossen. Dann folgte zum großen Teil in Eigenleistung der Innenausbau. Im Juni 2010 sind wir schließlich eingezogen.
Frage: Ihr Haus ist ja äußerlich deutlich verschönert worden, aber hat sich auch das Lebensgefühl geändert?
Silke Möllering: Da wir das Haus erst vor der Umbaumaßnahme gekauft haben, haben wir keinen direkten Vergleich zwischen vorher und nachher für dieses spezielle Gebäude. Vergleicht man jedoch das bisherige Wohnen in einem „normalen“ Haus mit dem in einem Passivhaus, so können wir diese Frage mit einem klaren „Ja“ beantworten. Im Winter merken wir, dass den wesentlich höheren Oberflächentemperaturen der Außenwände nur unwesentlich geringere Oberflächentemperaturen an den Fensterflächen gegenüberstehen. Insgesamt nehmen wir ein ausgeglichenes Temperaturniveau in den einzelnen Geschossen wahr. Im Sommer haben wir angenehm kühle Innentemperaturen auch ohne Verschattungsmaßnahmen an den Fenstern. Davon ausgenommen sind natürlich die Dachflächenfenster. Insbesondere während des Betriebs der Lüftungsanlage von Oktober bis Mai nehmen wir eine sehr gute Raumluftqualität wahr, da die geruchsbelastete Innenraumluft abgesaugt und auch der Staubanfall vermindert wird. Also wir fühlen wir uns rundum wohl in unserem Haus.
Frage: Sind Sie auf das veränderte Erscheinungsbild angesprochen worden? Konnten Sie in Ihrem Viertel Nachahmer motivieren?
Michael Schintze: Nicht nur die äußere Fassade aus unbehandelter Lärchenschalung zieht immer wieder die Blicke an, auch während der Bauphase stieß die alle Wand- und Dachflächen umschließende Hülle aus Holzfaserdämmplatten sowohl bei den Nachbarn als auch bei Personen aus der weiteren Umgebung auf reges Interesse. Allerdings sind uns noch keine Nachahmer bekannt. Leider stellen wir immer wieder fest, dass Hausbesitzer meist nur im Dachbereich sanieren. Eine derart umfassende energetische Sanierung mit dem Ziel des Passivhausstandards und dem Verzicht auf ein herkömmliches Heizsystem ist leider eher selten, aber wir können sie nur empfehlen und nur Nachahmung anregen.
Frage: Auch wenn Sie zuvor nicht in dem Haus gewohnt haben, können Sie etwas zur Heizkostenersparnis sagen?
Silke Möllering: Leider konnten wir den ursprünglichen Heizwärmebedarf nur näherungsweise abschätzen. Es handelt sich jedoch mindestens um eine „Faktor10- Sanierung“. Darunter versteht man eine Sanierung unter Einsatz von Passivhaustechnologie, so dass der Energieverbrauch drastisch um 90 Prozent reduziert werden kann. Um konkret zu werden, geben wir gerne den durchschnittlichen Verbrauch an Heizenergie in den ersten zwei Heizperioden an, seitdem wir in unserem Haus leben. Der Verbrauch für den Kaminofen betrug ca. 0,85 FM Stückholz (Buche). Das entspricht etwa 1900 kWh Nutzenergie. Dazu kommt der Strom für die Lüftungsanlage mit ca. 300 kWh Nutzenergie. Dies entspricht in der Summe einem realen Heizwärmeverbrauch nach der Energieeinsparverordnung EnEV 2007 (bezogen auf AN) von ca. 15 kWh/(m²a).
Frage: Wären Sie noch einmal vor der Entscheidung Ihr Haus energetisch zu sanieren, würden Sie sich wieder dafür entscheiden? Würden Sie etwas anders machen oder vielleicht noch umfassender modernisieren?
Michael Schintze: Für uns ist es ganz klar: wir würden uns wieder für die durchgeführte Sanierung entscheiden. Denn mit ihr sind viele Vorteile verbunden, die für uns eine Steigerung des Wohnwertes bedeuten. Da wir schon das sowohl bautechnisch mögliche als auch das wirtschaftlich sinnvollste berücksichtigt haben, sind noch umfassendere energetische Sanierungsmaßnahmen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand und somit auch Kosten verbunden. Mit den Resultaten der durchgeführten Dämmmaßnahmen sowie der Haustechnik sind wir momentan sehr zufrieden. Da in der Zwischenzeit im Bereich der Lüftungstechnik einige technische Neuerungen auf dem Markt sind, würden wir hier empfehlen, auf alternative Systeme zu einer möglichen Vorerwärmung der Frischluft zurückzugreifen.
Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit dem beauftragten Holzbaubetrieb?
Silke Möllering: Die Zusammenarbeit ist insgesamt positiv gewesen. Für uns war es sehr angenehm, dass der Holzbaubetrieb den größten Teil der Sanierungsmaßnahme im Auftrag hatte, da er nicht nur die Zimmererarbeiten ausgeführt, sondern auch die Gewerke Dach- und Fassadendämmung, Fenster, Dachdeckung, Spengler und Außenfassade an Subunternehmer vergeben hat.
Frage: Was können Sie anderen Bauherren mitgeben, die vor ähnlichen Aufgaben stehen?
Michael Schintze: Der Passivhausstandard hat sich nach nunmehr über 20 Jahren in der Praxis bewährt. Die hierbei überwiegend im Neubaubereich gewonnenen Erkenntnisse lassen sich ohne weiteres auch auf die Sanierung von Bestandsgebäuden übertragen. Daher sollte man, sofern dies finanziell und bautechnisch möglich ist, auch in der Sanierung den Passivhausstandard anstreben oder zumindest Passivhauskomponenten, wie z.B. Fenster mit 3-Scheibenverglasungen, verwenden. Im Sanierungsbereich liegen die Mehrkosten bei guter Planung nur geringfügig über den Kosten des gesetzlich vorgeschriebenen Dämmstandards der momentan noch gültigen EnEV 2009. Die extrem niedrigen Betriebskosten eines Gebäudes mit Passivhausstandard machen sich jedoch spätestens in der ersten Heizperiode bemerkbar und führen in wenigen Jahren zur Amortisation etwaiger Mehrkosten.